"Puts on her best smile, but underneath she's a broken girl."

Montag, 30. Januar 2012

All that memories that scars leave

 
Vorsichtig setzte ich mich auf den harten Stuhl. Nicht angelehnt, sondern an der Kante. Kurz vorm Runterfallen. Kurz davor vom Abgrund verschlungen zu werden. Mein Gesicht war unglaublich angespannt. Ich wusste nicht, was sie mir jetzt sagen würde.  Sie beugte sich zu mir herunter und betrachtete meinen zerstörten Arm.
„Viele der Verletzungen sind ja noch ziemlich frisch. Machen Sie das öfter?“
„Naja, es geht.“ Innerlich ohrfeigte ich mich für diese Antwort. Es geht, es geht, es geht. Gar nichts ging. Sieht man doch.
„Ich hole Ihnen jetzt erst einmal ein Pflaster.“ Sie wandte sich zum Gehen als sie sich nochmal umdrehte. „Und in dieser Zeit ritzen Sie sich nicht weiter.“ Ihr Tonfall war scharf und bestimmend. Frau Ebert ging hinaus und ließ die Tür offen stehend. Sollte ich als Abschreckung dienen? War eh keiner da. Ich blieb zurück mit einem Gefühl aus Scham und  Verzweiflung. Die Schere nur wenige Zentimeter entfernt in der Manteltasche steckend. Am liebsten wäre ich weggerannt, aber ich spürte, dass ich keine Kraft mehr hatte.

Als sie wieder kam, setzte sie sich mir gegenüber. Wortlos überreichte sie mir das Pflaster. Es war viel breiter als nötig gewesen wäre. Ich versuchte die Schutzstreifen abzuziehen, aber meine Hände führten ein Eigenleben.
„Sie zittern ja. Geben Sie es mir, ich helfe Ihnen.“ Zögernd schob ich es über den Tisch. Sie riss es auf und klebte es auf den Schnitt. Ich schob den Ärmel meines Pullovers hinunter. Mein Blick war starr auf den Boden gerichtet.
„Mit was haben Sie sich geritzt?“ Ritzen. Das Wort klang so harmlos. Ein bisschen die Haut aufschneiden, konnte ja nicht so schlimm sein. Ich hasste diesen Ausdruck. „Bitte sagen Sie es mir.“
„Nein.“ Damit sie mir meine Schere abnimmt? Wahrscheinlich würde sie jeden Tag meine Tasche nach einer potenziellen Waffe durchsuchen wollen. Ich glaube, ich habe mich schon lächerlich genug gemacht.