Pünktlich um 15 Uhr saß ich bei meiner
Therapeutin. Ich überkreuzte meine Beine, wippte mit dem Fuß hin und her. Sie
zog einen Zettel aus ihrem Papierturm und setzte sich mir gegenüber. Aber sie wirkte
reserviert, ja geradezu um Distanz bemüht. Und das verunsicherte mich.
„Wie geht es Ihnen?“, begann meine Therapeutin
das Gespräch und blickte mich an, darauf wartend, dass ich die Wahrheit sagte.
„Nicht so besonders gut.“
Sie nickte, schob sich eine Haarsträhne
hinters Ohr, die sich aus ihrem Dutt gelöst hatte. Ich rutschte weiter an die
Sessellehne heran umso den Abstand zwischen uns zu vergrößern.
„Führen Sie noch autoaggressive Handlungen
aus?“ Die braunen Augen guckten mich unruhig an und fingen die kleinste Regung
ein.
„Ja, verdammt“, fuhr ich sie an.
Sie öffnete ihre Hand und hielt mir ein blaues
Gummiband hin. Als ich mich nicht regte, schob sie es mir übers Handgelenk und
ließ es einmal schnippen. „Das gehört zu den Skills. Dinge, die Sie machen
können um das Schneiden zu verhindern.“ Irritiert guckte ich auf das schmale
Band. Das soll mir helfen, mich wirklich
davon abhalten?
Sie schien meinen unsicheren Ausdruck zu
bemerken und reichte mir einen Zettel. Um genauer zu sein, eine Liste. Mit
verschiedenen Skills. Ich ließ meinen Blick über die Wörter fliegen während sie
mich genau beobachtete und auf eine Reaktion meiner Seite hoffte.
Ich ließ das Blatt auf meinen Schoß sinken und
erklärte ihr: „Ich werde es probieren, aber ich kann nicht versprechen dass es
mich abhalten wird.“
„Das erwarte ich auch gar nicht. Ich möchte,
dass Sie sich bewusst werden, dass es andere Möglichkeiten gibt den inneren
Druck abzubauen.“
Das leuchtete mir ein. Ich lächelte ihr
dankbar zu. Und während sie es erwiderte schmolz die kühle und angespannte Atmosphäre
dahin wie Eis.
„Sie müssen lernen Verantwortung zu
übernehmen. Für sich selbst, Ihre Gedanken, Ihr Verhalten und schlussendlich
auch Ihr Leben. Und am besten fangen Sie bei ihrem Verhalten an.“
Eine halbe Stunde später befand ich mich vor der Praxis, meinen iPod in den
Ohren. Ich blieb kurz stehen, drehte mich ein paar Mal im Kreis und lief über
die Straße. Ohne nach links und rechts zu gucken. Eis lautes Quietschen. Ich hörte vage wie mich jemand mit Ausdrücken bombadierte
und dann weiterfuhr. Verwundert blickte ioch dem schwrazen Audi hinterher und
schob mir meine Kopshörer noch tiefer in die Ohren.
Life is no nintendo game.
Ein kurzer Gedanke leuchtete auf und krallte
sich in meinem Gehirn fest. Verantwortung zu übernhemen hieß sich selbst
vertrauen zu können. Und das musste ich erst noch prüfen. Ich verließ den
schwarzen Asphalt der Straße und lief auf dem Gehweg zur Autobahnbrücke.
Wie solls weitergehen?