Ein wehmütiges Lächeln kroch über meine Lippen als
ich die Klinge an meinen Arm setzte. Ich
drückte sie so tief wie möglich in meine Haut ehe ich sie quer über meinen
Unterarm zog. Die Haut riss auseinander, warmes Blut rann in Strömen über
meinen Arm und tropfte auf den Boden. Ich starrte auf den klaffenden Schnitt
und spürte, wie die Anspannung von mir wich. Wie ich wieder freier atmen
konnte.
Mit einem Scheppern glitt das messerscharfe Metall aus
meiner Hand. Ich schloss die Augen und lehnte den Kopf gegen die Wand. Ein
süßlich-metallischer Geruch erfüllte die Luft. Eine rote Pfütze bedeckte den
Boden. Und ein kaputtes Mädchen hockte in den Trümmern ihres erbärmlichen
Lebens.
Es klingelte. Frau Hohenstädt war da.
Ich ließ meinen Blick an mir herunter wandern und
blieb an dem klaffenden Schnitt hängen.
„Scheiße“, flüsterte ich. „Verdammte Scheiße.“
Es klingelte ein weiteres Mal.
Ich rannte ins Badezimmer, wickelte Toilettenpapier um
die Wunde und zerrte meinen Ärmel hinunter. Weil ich keine Zeit mehr hatte das
Blut wegzuwischen, schloss ich die Wohnzimmertür und warf einen letzten Blick
auf den notdürftig versorgten Schnitt. Noch sickerte keine rote Flüssigkeit
hervor, noch nicht. Ich riss die Tür auf und rang mir ein Lächeln ab.
Privatvorstellung
für Frau Hohenstädt.
Akt eins.
Sie trat ein, zögernd doch bestimmt. „Lexy, Sie sind
ja ganz blass. Was ist denn los?“
Sie legte einen Arm um mich und führte mich ins
Schlafzimmer, wo ich mich aufs Bett setzte und sie sich vor mich kniete.
„Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Es ist einfach
passiert, dass ich in die Wohnung kam und spürte wie die Verzweiflung wieder
die Oberhand gewann…“
Sie drängte mich nicht weiterzureden. Saß einfach da
und wartete bis ich mich gefangen hatte.
„Egal, was ich tue, es bringt nichts.“ Ich senkte
meinen Blick und erstarrte als ich den rotgetränkten Ärmel sah.
„Sie haben sich wieder geschnitten“, sagte Frau
Hohenstädt und sah mir unverwandt in die Augen.
„Ich konnte nicht anders. Tut mir leid.“
Eine Weile schwiegen wir uns an. Denn manchmal sagte
schweigen mehr als Worte es je könnten.
Sie war die erste, die ihre Sprache wiederfand. „Darf
ich mal sehen?“
Ich nickte. Zog beschämt meinen Ärmel hoch und legte
den Schnitt frei. Fast einen Zentimeter klaffte er auseinander.
„Ich gehe mit Ihnen ins Krankenhaus zum Nähen, okay?“
Widerwillig nickte ich. Ich hatte Angst dabehalten zu
werden, als selbstgefährdend zu gelten. Aber ich hatte keine Wahl. Hatte mich
für ein Leben am Rande des Abgrunds entschieden.
Meine Therapeutin stand auf; ich tat es ihr gleich.