Noch
zwei Minuten bis die nächste Patientin hier hineinstürzen würde.
Frau
Hohenstädt folgte meinem Blick. „Okay. Reicht das für heute?“
Ich
nickte und erhob mich.
„Passen
Sie auf sich auf.“
Ich
nickte wieder und schüttelte ihre Hand. „Bis nächste Woche.“ Dann schnappte ich
mir den Verband und die Kompressen vom Tisch zwischen uns und verschwand auf
der Toilette.
Ich
knallte die Tür ins Schloss und trat mit dem Fuß gegen die Wand. Die Mullbinde
landete auf dem Boden während ich mit Fäusten gegen die Tür hämmerte. Mein Herz
hüpfte in meiner Brust auf und ab.
Verdammte Scheiße, wie konnte ich nur so dumm sein? So
unvorsichtig?
Wütend
betrachtete ich die Fäden. Ich zupfte und riss, zog und biss und war erst
zufrieden als alle schwarzen Fremdkörper raus waren. Der weiße Boden war rot besprenkelt.
Von der Lache auf dem Toilettendeckel ganz zu schweigen.
Mir
wurde schlecht von dem vielem Blut, das sogar an den Wänden herunterlief. Rotes
zähflüssiges Blut. Überall. Als hätte
hier ein Mord stattgefunden. Ein sehr
brutaler Mord. Ich bückte mich als ich plötzlich hörte wie die Tür der
Damentoilette mit einem Quietschen aufgerissen wurde.
Ich
geriet in Panik angesichts der zielstrebigen Schritte, die bis vor meine Kabine
führten.
„Lexy?
Sind Sie das?“, fragte -Überrraschung- meine Therapeutin.
Ich
sagte nichts.
„Oh
mein Gott, das ganze Blut! Machen Sie sofort diese verdammte Tür auf!“
Mit einem Klicken schloss ich auf. Eine Hand packte mich, zog mich heraus.
„Dieses
viele Blut. Stammt das von Ihnen?“
Nein, ich male die Toiletten nach jeder Therapiestunde mit
Kunstblut an.
Und
dann brach das Chaos aus.
Die
weitaufgerissenen Augen signalisierten mir dort stehen zu bleiben. Sie eilte
hinaus, schrie den Flur entlang, jemand solle ihr den Erste-Hilfe-Kasten geben.
Die Tür knallte zu. Ich stand alleine da und starrte auf die roten Pfützen.
Erst
die weiße Mullbinde, welche sich mit meinem Blut vollsog holte mich aus meiner
Starre.
Ich
folgte Frau Hohenstädt, schrie ihr hinterher, dass das nicht nötig sei.
Da
drehte sie sich herum. Sah mir mit einen höhnischen Lächeln ins Gesicht und
sagte: „Es ist sowieso ein Wunder, dass Sie nach den unzähligen Suizidversuchen
überhaupt noch am Leben sind.“
Verzeihung, aber das war kein Versuch. Ich stürmte hinaus, rannte die Straße hinunter. Und fühlte
mich so leer wie lange nicht mehr.