"Puts on her best smile, but underneath she's a broken girl."

Samstag, 20. Oktober 2012

Weg, verschwunden


Ich lehnte mich zurück, umklammerte mit meinen Händen die Tischkante und schloss meine Augen.
„Was sehen Sie?“, fragte meine Therapeutin
„Einen Himmel.“
„Gibt es Wolken?“
„Ja, ziemlich viele. Lilafarbene, flauschige Wolken, die beinahe den ganzen Himmel bedecken.“
„Und jetzt stellen Sie sich vor, Sie würden dort sein, hoch oben und auf die Welt hinuntergucken. Was sehen Sie?“
„Ich sehe Andrew er streckt die Hand nach mir aus. Aber er greift durch mich hindurch.“
„Interessant.“ Ich hörte wie sie sich etwas notierte, und noch während sie schrieb stellte sie mir eine weitere Frage. „Wie fühlen Sie sich dort alleine im Himmel?“
„Komischerweise fühle ich nichts. Als wäre ich tot.“
„Mhm. Jetzt öffnen Sie ihre Augen.“
Ich tat wie mir befohlen wurde.
„Denken Sie manchmal darüber nach, Suizid zu begehen?“
„Ja.“
„Und wie fühlen Sie sich in diesem Augenblick?“
„Irgendwie erleichtert. Als könnte ich alles hinter mir lassen.“
„Ist diese Vorstellung verlockend?“
Ich spürte wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete. „Ja.“
„Haben Sie konkrete Pläne wie Sie sich umbringen wollen?“
„Nein, habe ich nicht.“
„Würden Sie es mir sagen, wenn Sie vorhaben sich selbst zu ermorden?“
„Ehrlich gesagt…weiß ich es nicht.“
„Versprechen Sie mir, dass Sie sich bis wir uns wiedersehen nicht suizidieren.“
Ich senkte den Kof, schaute auf meine Oberschenkel und dann kam es über meine Lippen. „Ich versuche es, aber versprechen kann ich nichts.“
„Wie geht es Ihnen jetzt?“
„Nicht so besonders gut.“
Sie richtete sich auf, was ich als Zeichen nahm, dass die Stunde vorüber war. Ich stand schon an der Tür als sie plötzlich meine Hand nahm und sie fest drückte. „Ich glaube an Sie.“
Wenigstens einer. Ich drückte die Klinke nach unten und schob mich vorsichtig aus dem Therapieraum.  Ich spürte wie das Blut durch meine Adern rauschte. Wie Raketen auf dem Weg in den Himmel, wo sie sich entzündeten und ein wunderschönes Feuerwerk den Himmel erleuchtete.
Als ich die Praxis verlassen hatte fühlte ich mich einer Explosion nahe. All die unterdrückten Empfindungen bahnten sich ihren Weg an die Oberfläche. Aggression, Hass und Trauer- eine giftige Mischung.
Ich wankte durch die Straßen bis ich schließlich vor einem Friedhof zum Stehen kam und lauthals anfing zu lachen. Minutenlang starrte ich auf das schmiedeeiserne Tor, welches den Eingang zum Reich der Toten bildete, und lachte. Wie ein kleines Mädchen, was sich nicht anders zu helfen weiß. Als mein Körper genug hatte und mich keuchen ließ, sank ich auf die Knie und hockte da als würde ich den Friedhof anbeten.
Also stand ich schnell wieder auf. Die innere Anspannung war weg, verschwunden.  

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