"Puts on her best smile, but underneath she's a broken girl."

Montag, 3. September 2012

Und mir tut es leid auf der Welt zu sein.


Ich trat gegen das Treppengeländer, umfasste es schließlich mit meiner zitternden Hand und sank auf eine der grauen Stufen. Meinen Kopf legte ich in den Schoß, ich wollte nichts mehr sehen.
„Kann man Ihnen helfen?“, fragte eine dunkle Stimme, die ich irgendwo schon einmal gehört hatte.
Nein. Kann man nicht. Niemand kann mir helfen.
Ich vernahm ein besorgtes Seufzen. „Irgendetwas muss Sie doch so traurig gemacht haben.“
Ja. Ich mich selbst.
Ich schaute auf, erschrak als ich in das Gesicht meines Vaters sah. Mein Atemzüge gingen schnell, ich presste meinen Körper gegen die Wand.
Anscheinend war er erstaunt darüber mich so aufgelöst vorzufinden. „Lexy“, hörte ich ihn sagen.
Angst, ich hatte entsetzliche Angst vor ihm. Zu tief waren die Wunden der Vergangenheit.
„Geh weg.“  Bitte geh weg.
Mein Innerstes zog sich zusammen. So verletzlich wie ich vor ihm saß kam ich mir vor als wäre ich wieder fünf Jahre alt.

 „Schatz, würdest du kurz in dein Zimmer gehen? Mami und Papi müssen etwas klären.“
„Aber ich muss dich doch vor ihm beschützen“, flüsterte ich ihr zu.
Sie strich mir über die Haare, schenkte mir ein unehrliches Lächeln. „Es ist alles gut, Lexy.“
Zumindest noch, fügte ich in Gedanken hinzu und verschwand in meinem Zimmer um mich im Bett zu verkriechen und die Decke über mich zu ziehen. Ich drückte meinen Teddy an die Brust und fing an mit ihm zu reden.
„Weißt du wie lieb ich dich habe?“ Er schaute mich mit seinen Knopfaugen traurig an. „Ganz dolle.“
„Du elende Schlampe“, schrie mein Vater. Dann knallte etwas gegen die Wand und zerbrach.
Ich hielt mir die Ohren zu, wollte nie wieder etwas hören.  „Wie kannst du es wagen mich als jähzornig zu bezeichnen?“
Ein Wimmern drang zu mir, ich hörte wie meine Mutter nach Atem rang.
Langsam stand ich auf und tapste auf Zehenspitzen zum Schlafzimmer. Ich schob ich die Tür vorsichtig einen Spalt breit auf. Als meine Augen erfassten, was sich dort abspielte, blieb ich wie angewurzelt stehen. Kein Mucks drang aus meinem kleinen Körper. Er durfte mich nicht bemerken.
Mein Vater hatte seine Hände um den Hals meiner Mutter gelegt, welche kreidebleich dalag und sich nicht rührte. Ihre Augen waren weit aufgerissen, blickten ihn flehentlich an.
„Du und dein plärrendes Kind. Ihr habt mir mein Leben versaut.“
Ehe ich mich versah drückte er ihr komplett die Luft ab.
„Nicht…“, kam es zittrig aus meiner Kehle.
Er drehte sich zu mir herum, war für einen Moment abgelenkt. Ich konnte mich nicht rühren, stand an der Tür und blickte zu meiner Mutter, die plötzlich neben mir stand und meine Hand nahm. Sie schleifte mich mit, rannte mit mir aus der Wohnung.
„Hab keine Angst, Schatz.“ Ihre Stimme klang brüchig, so hatte ich sie noch nie gehört. Laute Schritte kamen den Flur entlang. Er würde gleich bei uns sein. Sie steckte den Schlüssel ins Schloss, drehte ihn einmal herum.
Ich packte ihre Hand fester. „Wir müssen weg.“
„Alles wird gut. Hast du gehört? Alles wird gut.“

Mein leerer Blick lastete auf ihm.
Du bist bestimmt enttäuscht von mir. Nie hättest du gewollt, dass ich so ein kleines, krankes Mädchen werde wie ich es jetzt bin. Nein. Niemals.
Niemals!, schrie meine Seele.
„Was damals passiert ist…“
Verschone mich mit deinen Lügen, deinen Ausreden.
Ich rappelte mich auf. Mein Vater griff nach meiner Hand, ich zog sie blitzschnell weg.
„Es tut mir leid, was ich getan habe…“
Und mir tut es leid auf der Welt zu sein.

10 Kommentare:

  1. Gerade hatte ich das Gefühl, Du schreibst mein Leben auf. Ich schick' Dir ganz viel Glück und Liebe, ja? Pass darauf auf, es ist kostbar <3.

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  2. Wow. Einfach... genial. Genial traurig. Ich kanns nicht in Worte fassen.

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  3. Respekt! Sehr gute Geschichte=)

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  4. die geschichte ist wunderschön. *-*

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  5. Wunderschön geschrieben. Bin am Schluss nicht mehr ganz mitgekommen aber klang wirklich alles so traurig...:(
    Solltest öfters solche Geschichten schreiben.

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  6. Cowgirl/Perfect8. Mai 2013 um 19:25

    Schön :) und so hamma traurig, Gänsehaut!!

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  7. Gut geschrieben und sehr traurig!!!

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  8. Das ist eine wirklich traurige,aber schön geschriebene Geschichte..!
    Mach weiter so..!!

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  9. wow, du hast echt talent, ich finde, du kannst soooo gut schreiben

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  10. ja gefällt mir auch gut. Du solltest weiterschreiben, mach ich auch. Vielleicht findest mal auch einen Verlag?

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