Als ich nach Hause kam und die Tür hinter mir ins
Schloss fiel, konnte ich mich nicht mehr beherrschen. Ein Aufschluchzen
entstieg meiner wunden Kehle, Tränen strömten unaufhaltsam über meine Wangen. Und
während ich im Bad nach einer neuen Klinge suchte, war ich so traurig wie lange
nicht mehr.
Wie außer mir riss ich an dem Verband. Als ich die
Nähte sah und anfing die dünnen Fäden herauszureißen, war es als legte jemand
einen Schalter um.
Ich wurde ruhiger und glitt fast lautlos auf den
Boden, wo ich zusammengesackt liegen blieb. Neben mir breitete sich ein kleines
Meer aus Blut aus.
Alles wie
immer.
Aber so ein Leben wollte ich nicht. Ich wollte keine
Depression. Kein Armeaufschneiden um die Welt zu ertragen. Immer nur kämpfen um
gleich wieder zu scheitern.
Nein, ich wollte das alles nicht mehr länger aushalten.
Ich stand auf, schwankte ein wenig und hielt mich an
der Wand fest. Das Blut rann in zarten Linien meinen Arm hinab. Mit
tränenverschleiertem Blick nahm ich eine Mullbinde und wickelte sie um die
aufgerissene Wunde. Einen Moment lang blieb ich an meinem Spiegelbild hängen,
das mir mit vorwurfsvollen, rot geweinten Augen entgegenblickte. Verzweiflung
überkam mich, überschwemmte mich wie eine Welle und ließ mich ertrinken. Ich
biss mir auf die Unterlippe und wandte mich ab.
Ich wankte in den Flur und sah Andrews Autoschlüssel
herumliegen. Einen kurzen Moment lang blitzte eine Szene vor meinem inneren
Auge auf.
In Andrews Auto sitzen, so schnell fahren, dass die
Umgebung an mir vorbeirauscht. Das Radio laut aufdrehen; der Bass dröhnt in meinen
Ohren. Mit 120 Stundenkilometern die Straße entlang fahren, keine Vorschrift
beachten. Vorbei an roten Ampeln und Stoppschildern. Das Fenster aufmachen,
klare Luft einatmen, das letzte Mal die Freiheit genießen. Einen Augenblick
lang überlegen. Das Lenkrad herumreißen und gegen einen Baum knallen. Tot sein.
Endlich erlöst sein; frei.
Ich nahm den Autoschlüssel. Er fühlte sich kalt in
meiner Hand an. Ungewohnt. Falsch.
Tu es
verdammt!, schrie etwas in meinem
Inneren.
Das ist also der erste Teil, den ich von deiner Geschichte lese (weil ich zu faul war, um den ersten Post rauszusuchen). Ich bin jetzt zwar so mitten in die Geschichte reingeplatzt, aber... jah. Ich les morgen den ersten Teil :)
AntwortenLöschenAlso.
Uhm.
Deine Geschichte...
Sie ist... unglaublich berührend. Schon vom ersten Teil an, den man liest. Mir war klar, worauf ich mich einlasse, als ich den Titel gelesen habe, aber trotzdem...
Uhm... Ja. Ich weiß nicht, ob du dir das irgendwie denken konntest (eher nicht), aber schon die Vorstellung von Blut macht mein Hirn ganz schwummrig. Und... dann noch daran zu denken, wie man die Fäden rauszieht... waaah... Ich war einmal im Krankenhaus und habe aus Erfurcht vor den Schmerzen noch nicht mal das Pflaster über der Naht angefasst... Also... dieser Teil hat mich leicht angefreaked :o
Uhm... uhm... Ich würde an deiner Stelle nicht unbedingt schreiben, dass die Verzweiflung sie ertränkt. Vielleicht eher, dass sie droht, sie zu ertränken.
Wenn ich von Verzweiflung ertränkt worden wäre, könnte ich mich nicht "einfach so" abwenden und weitergehen.
Und... das war's eigentlich.
Ich liebe deinen Schreibstil.
Und... wir sehen uns morgen :)
Alles Liebe,
diejenige, die du von HSW aus dem Blog-Forum vielleicht als snow globe kennen könntest :)