"Puts on her best smile, but underneath she's a broken girl."

Samstag, 5. Oktober 2013

Suizidwunsch


Akt zwei
Lächelnd und blutend betrat ich die Notaufnahme. Betten standen überall in den Gängen, beschäftigte Menschen liefen umher. Während ich ein Taschentuch auf meinen Unterarm drückte schob mich Frau Hohenstädt zur Anmeldung.
Eine junge Krankenschwester sah von ihren Unterlagen auf. „Hallo. Kann ich Ihnen helfen?“
„Ähm, ich muss zu einem Chirurgen…“
„Hatten Sie einen Unfall?“
„In gewisser Weise, ja.“ Ich schaute auf meine Fußspitzen, spürte wie mir das Blut in die Wangen schoss.
Erst da bemerkte sie meinen vernarbten Arm und das durchweichte Taschentuch, was ich auf die Wunde presste. Sie lächelte ein unsicheres Lächeln. „Ich setze Sie ganz oben auf die Liste.“
„Danke.“ Wir setzten uns ins Wartezimmer.
Meine Therapeutin nahm sich eine Zeitschrift und blätterte in ihr. Ich schickte Andrew eine SMS.
Wie geht es dir? Wie waren die Meetings?, tippte ich.
Keine zwanzig Sekunden später rief Andrew mich an. Unsicher starrte ich auf mein vibrierendes Handy. Ich wollte ihm nicht sagen, dass ich gerade mit aufgeschnittenem Arm und meiner Therapeutin auf einen Chirurgen wartete.
Nach kurzem Zögern stand auf, nahm das Gespräch an und lief nach draußen.
„Hallo Lexy“, hörte ich Andrews Stimme.
„Hey.“
„Du klingst nicht gerade gut. Ist alles okay?“
Nein, ich sitze gerade mit Frau Hohenstädt in der Notaufnahme.
„Ja, alles okay. Bin nur ein bisschen müde.“
Am liebsten hätte ich geschrien ‚Ich vermisse dich. Ich brauche dich. Komm verdammt nochmal zurück‘, aber ich tat es nicht.
„Die Meetings dauern vier Stunden. Manchmal stehe ich zwischendurch auf und hole mir einen Kaffee, weil mir so langweilig ist.“
„Mhm“, war alles, was ich machte.
Ich ließ mich auf einer der Treppenstufen nieder, nahm das Taschentuch von dem Schnitt und beobachtete wie das Blut meinen Arm hinabfloss.
„Und wenn ich wiederkomme, gehen wir essen. Du magst doch italienisch, oder?“
„Mhm.“
Er seufzte. „Lexy, ich merke doch, dass es dir nicht gut geht.“
„Ich vermisse dich“, flüsterte ich.
„Ich vermisse dich auch. Aber ich bin mir sicher, du schaffst das.“
Fast hätte ich kurz aufgelacht, konnte mich aber noch mal zurückhalten.
„Ich muss jetzt auflegen. Hab dich lieb. Und pass auf dich auf“, hörte ich mich sagen.
Mit laut pochendem Herzen schaute ich in den Himmel. Es war ein schöner Tag. Ein Tag mit blauem Himmel und klarer Luft.
Perfekt für einen Suizid.
Ich lächelte kurz ehe ich mich erhob und mich wieder in den Warteraum zu meiner Therapeutin setzte. „Sie müssen hier nicht mit mir warten.“
Sie schüttelte den Kopf. „Lexy, ich habe Ihnen meine Hilfe angeboten, also können Sie sie auch nutzen.“
Ich brauche keine Hilfe. Von niemandem. Es kommt eh alles zu spät. Viel zu spät. Bin schon zerbrochen.
„Ich glaube, ich schaffe es jetzt alleine.“
 
 
 
 

1 Kommentar:

  1. Hallo Du. Mir sind bei.deinem Post die Tränen gekommen. Ich.kenne diese Situationen selbst und weiss wie gross die Sehnsucht sein kann. Ich wünsche dir dass du.bald wieder ein wenig Mut und Kraft findest... liebe grüsse

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